home

  [record reviews: barracuda mini-lp]



MOTORPSYCHO
Ein Spiel mit
    den Klischees

Review of Barracuda taken from the
German magazine
INDIGO NOTES #78 / March - April 2001.
German. A mighty Stickman contribution ...


Motorpsycho
Barracuda
Stickman / Indigo LP / CD 9629-1/2

Motorpsycho - «Barracuda»  

Manche Dinge klappen wie von Geisterhand geführt, andere stehen unter unglücklichen Sternen.

Zur zweiten unglückseligen Kategorie gehört sicherlich das neue Album Barracuda der norwegischen Motorpsycho. Ursprünglich war das Material im Rahmen der Sessions zum Chartalbum Let Them Eat Cake eingespielt worden, dann aber entschieden die Musiker: diese sieben Songs sind eindeutig zu "rocklastig", sie werden vorerst auf Halde gelegt und für eine spätere Veröffentlichung aufgespart. Ein US-Label meldete dann auch umgehend Interesse an, aber aufgrund von allerlei Wiggel, Trouble und anderen Dingen entschlossen sich Stickman Rec. und Motorpsycho, die Platte doch lieber selbst zu veröffentlichen. So weit, so gut. Normalerweise kümmert sich der Graphiker Kim Hiorthøy um die Covergestaltung der Motorpsycho-Tonträger, in diesem Fall jedoch wollte Sänger Bent selbst Hand anlegen, um das passende Outfit zu erreichen: Ein bewußt klischeehaftes Cover, das zum Gesamteindruck der Platte optimal passt. Aber auch in diesem Punkt funkte das Schicksal dazwischen, denn eben genau das von Bent ausgewählte Covermotiv hatte bereits eine andere amerikanische Band verwendet, und zwar die Quadrajets (wir kennen sie von den Labels Estrus und One Louder). So mußte Bent die Zeit zwischen den Feiertagen - oder "zwischen den Jahren", wie man so schön bei uns sagt - nutzen, um ein neues Cover zu gestalten, auf das vor ihm (hoffentlich) noch niemand gekommen war. So geht die Zeit ins Land, und es mußte also Februar 2001 werden, bis Barracuda nun endlich greifbar ist. Und das ist, wie bei allen Motorpsycho-Platten, eine erfreuliche Geschichte: Titel à la High Time, Dr. Hoffmann's Bicycle und Vanishing Point gehören seit zwei Jahren zum festen Liverepertoire der norwegischen Rocker, und seit geraumer Zeit nerven die Fans ihre Idole, wann denn nun endlich diese Titel auch als Tonträger für den Hausgebrauch bereitgestellt würden. Voilà! Im Vergleich zu den eher poporientierten Songs von Let Them Eat Cake kommt Barracuda durchweg mit druckvollen Rocknummern daher, und Motorpsycho spielen dabei gekonnt und bewußt mitallen Retrorockklischees, die ihnen nur einfallen wollten. Für ihre Fans geht die Achterbahnfahrt also weiter: Nach dem doch ziemlich sperrigen Album Roadwork Vol. 2, das ein denkwürdiges gemeinsames Konzert mit den Trondheimer Jazzern von The Source dokumentiert, zeigen sich die schillernden Norweger wiederum von einer anderen Seite, und dem Fan bleibt nur noch die fassungslose Frage: gibt es eigentlich etwas, was die Burschen nicht können?! Die Antwort dann im Herbst, wenn das neue Studioalbum veröffentlicht wird.

Wolfgang Klebe