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  [record reviews: it's a love cult]



Motorpsycho – It's a Love Cult
Siamese dream

Review of It's a Love Cult taken from the
German e-zine
PLATTENTESTS ONLINE, October 2002.
German. Found at the plattentests online site by Kristoffer.


Motorpsycho - «It's a Love Cult» - cover - front  
Motorpsycho – It's a Love Cult
Stickman / Indigo
VÖ: 30.09.2002
Spielzeit: 50:14 min.
Unsere Bewertung: 6 / 10
Rating: 6 out of 10

Motorpsycho ticken wie ein Uhrwerk. Immer mal wieder macht es Ding-Dong, und eine EP oder ein Live-Album steht an. Und nur wenige merken es. Doch zuverlässig einmal im Jahr schlägt es dann richtig dreizehn: Ein neues Motorpsycho-Album wird veröffentlicht. Die Anhänger schlagen Purzelbäume, stoßen Jubelschreie aus und hüpfen vor Freude ein weiteres Loch in die Decke, während alle Ungläubigen nur den Kopf schütteln und sich fragen, wieviele Scheiben die irren Norweger wohl noch veröffentlichen wollen. Viele, sehr viele – und weit und breit kein Ende in Sicht.

Um es vorweg zu nehmen: "It's a love cult" ist das schwächste Motorpsycho-Album der letzten zehn Jahre. Aber nichtdestrotz immer noch ein gutes. Zwar fehlt die epische Tiefe von "Trust us", der überschwengliche Verve von "Let them eat cake" und die romantische Geschlossenheit von "Phanerothyme". Dafür gibt es mit "Serpentine" eine wunderhübsche kleine Hymne, die für vieles entschädigt und zur Single geradezu prädestiniert ist. Und etliche weitere Kleinode, die zumindest das Herz aller Motorpsycho-Addicts höher schlagen lassen.

Highlights:
Überwagner or a billion bubbles in my mind; Serpentine

Tracklist:
Überwagner or a billion bubbles in my mind; Circles; Neverland; This otherness; Carousel; What if...; The mirror & the lie; Serpentine; Custer's last stand (One more daemon); Composite head (10)
Referenzen:
Fireside; The Soundtrack Of Our Lives; Incense; dEUS; Zita Swoon; Dead Man Ray; The Beatles; The Byrds; The Beach Boys; Love; Dipsomaniacs; Belle & Sebastian; The Apples In Stereo; The Mother Hips; Beulah; The Notwist; Favez; Mumble & Peg; Led Zeppelin; The Doors; Pink Floyd


Da wäre der pompöse Opener mit dem putzigen Titel "Überwagner or a billion bubbles in my mind", der zum Glück weder reitende Wallküren noch ein Meer aus Kaugummiblasen vors innere Auge des Hörers pustet. "It blows a billion bubbles in my mind / Mind over matter". Man wird auf eine weite, weite Reise vorbereitet, die im "Neverland" endet. Ohne Rückflugticket. Und bei jenem handelt es sich keinesfalls um Michael Jacksons berühmte gleichnamige Privatranch mit all den freilaufenden Affen, Psychiatern und Schönheitschirurgen, sondern um das Traumland, das sich Motorpsycho für "It's a love cult" zusammenfabuliert haben.

"In a dreamless slumber / Old intentions outnumbered / Climbing the tree, all but senselessly" – in diesem "Neverland" ist alles so bizarr, wie man es sich anhand des Covers vorstellt: Die Welt steht Kopf, und Milch und Honig fließen bergauf. Wahre Schönheit kommt von innen, und zwei Menschen verschmelzen glühend zu einer Einheit. "It's a love cult" halt. Und Motorpsycho liefern den passenden, wunderschön bunten Soundtrack dazu. Einen, der das luftig- halluzinogene "Phanerothyme" weiterspinnt und mit den überlangen "Carousel" und "The mirror & the lie" nur zweimal fast wie in alten Zeiten den "Vortex surfer"- Strudel wieder anwirft. Schade nur, daß manche Songs wie "Circles" oder das nervös trötende "What if..." das typische Motorpsycho-Gefühl, auf Knopfdruck an einen anderen Ort getragen zu werden, vermissen lassen. Aber im "Neverland" ist es auch so ganz schön. Die Phantasie bekommt freien Lauf. Und der Traum geht weiter.

Armin Linder