[record reviews: it's a love cult] |
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Am Glamrockhimmel zieht ein Schwarm Geigen vorbei. Die Masse der Melodien schlendert, mal verzerrt mal geklimpert, durch die Feierabendfußgängerzone. Keck hüpfen ein paar Hammondorgeln auf dem Bürgersteig auf und ab und werden prompt vom gedämpften Gebrummel eines Trompetensolos zur Ruhe gebeten. Derweil fahren Bläsersätze schnittig im Big-Band-Oldsmobile über regennasse Straßen und irgendwo jault eine einsame Slideguitar. In einem Haus, in einem Zimmer, inmitten von alledem sitzt Einer, den Zettel für Notizen griffbereit. Man will hören, was gespielt wird. Es tauchen die ersten Zitate auf und allzu kurz ist der Weg zur Plattenkiste und er kramt beim Jazz und anderswo. Vergleichen, gegenhören, prüfen, denken, immer wieder aufschreiben. Musik festhalten, festmachen, eingrenzen. Landvermessungen auf dem Planeten Pop. Also Brian Wilson und Chris Barber und Booker T und Dave Brubeck und Abbey Road und ganz klein auch die Doors und noch über Instrumentierung und Effekte und irgendwo ganz groß ROCK. Komisch, wieviel sich manchmal finden lässt. Motorpsycho erspielen sich auf »It's a Love Cult« Arrangements und Kompositionen, die Popgeschichte umschreiben, eigenen Gesetzen gehorchen und dadurch ein verträumtes Paralleluniversum etablieren. Ein Schmelztiegel, gebacken und gebastelt, um als Ganzes zu funktionieren. Heraus kommt eine Platte, mit der sich, weil sie volle Aufmerksamkeit beansprucht, Musikhören als Tätigkeit zelebrieren lässt. Und auch die angestrengte Besserkennerei verblasst angesichts solch erhabener Schönheit. Letztlich ist es ja egal. All facts are lies und man legt den Zettel weg und muss unweigerlich still lächeln und sich mit Freuden daran erinnern, dass kurze Zeit in einer Stadt zu wohnen, die aus so wunderschönen Tönen gebaut ist, ernsthaft glücklich machen kann. Das hat wohl was mit Liebe zu tun. Hias Wrba
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