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  [record reviews: phanerothyme]




motorpsycho
phanerothyme
kekse krümeln in die sechziger

Review of Phanerothyme taken from the
German e-zine
ALTERNATIVENATION.DE, 2001-10-15.
German. Found at the alternativenation.de site.


Motorpsycho - «Phanerothyme» - cover - front
 

motorpsycho
phanerothyme
in store: 03.09.2001

waren motorpsycho früher die erbauer gewaltiger rock-labyrinthe, die durch epische schwere und gigantomanische hörerlebnisse den geneigten musikfreund in pure verzückung versetzten, so sind sie heute zu architekten feingeistiger, filigraner netzwerke geworden. mit soundzitaten errichten sie aus den unschuldigen jugendjahren der pop-musik leichtfüßige kathedralen des klanges. auf let them eat cake hatte sich bereits der endgültige wandel angedeutet. zwar ließ die ep barracuda die alten fans noch einmal aufhorchen – nun aber ist die metamorphose perfekt. die sechziger jahre und ihre psychedelische grundstimmung dienen als gerüst für das neuerliche meisterwerk der drei norweger. durchdachte arrangements und die unnachahmlichen epischen gitarrenläufe sind die einzige erinnerung an vergangene glanztaten. es gilt: anders – nicht besser oder schlechter.

auf leisen sohlen schleicht sich bedroom eyes ins zimmer und verbreitet direkt jene mollige wärme, die einen während der folgenden acht stücke nicht mehr verlassen soll. for free erhöht das tempo und läutet den zirkus der illusionen ein. es schafft mit jedem ton, ein rosarotes kaninchen aus dem hut zu zaubern, welches freudig erregt zur spazierfahrt auf seinen schwingen einlädt. gäbe es eine gebrauchsanweisung für dieses album, sie lautete nur schlicht: loslassen und die welt vergessen. painting the night unreal und den tag noch gleich dazu.

vorbei die zeiten als papas plattenschrank geplündert werden musste, wollte man die faszination jener barden erleben, die die sechziger und siebziger zum mythisch verklärten schlarrafenland aller hippies werden ließen. phanerothyme ist die essenz und besitzt die klasse, um new-wave- und chartskälte der vergangenen zwei dekaden vergessen zu machen. bläser, streicher, akkustische gitarren und die magie in bent sæthers stimme sind die ingredenzien für einen zaubertrank, der leicht lsd-geschwängert den glauben an das gute im menschen zurückgibt. da fällt es fast nicht mehr ins gewicht, dass das album zwei anläufe braucht um seine traumwelten freizusetzen und dass der mittelteil von go to california sich etwas aufdringlich an die doors anschmiegt.

thiel