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  [record reviews: phanerothyme]




MOTORPSYCHO
"Phanerothyme"

Review of Phanerothyme taken from the
German e-zine
ECHOES, 2001-09-28.
In German. Found at the echoes-online site.


Motorpsycho - «Phanerothyme» - cover - front  

MOTORPSYCHO
"Phanerothyme"

Label: Stickman
Genre: Rock • Pop • Psychedelic
Veröffentlichung: bereits erschienen
Rating: 8,0 Punkte [out of 10]

Tracklist

Bedroom Eyes • For Free • B.S. • Landslide • The Slow Phaseout • Go To California • Painting The Night Unreal • Blindfolded • When You’re Dead

Das Urteil

Es gibt ja Künstler, die halten sich schon für wahre Produktivitätsbolzen, wenn es ihnen gelingt, alle zwei Jahre ein Album zu veröffentlichen. Motorpsycho können über derlei faules Volk freilich nur milde lächeln. Eine Platte pro Jahr ist beim Trio aus Norwegen das Mindeste, und so verwundert es auch nicht, dass "Phanerothyme" bereits das zweite Album der drei Norweger im Jahr 2001 ist. Der beschämte Zweijahresveröffentlicher mag nun vielleicht darauf hinweisen, dass gut Ding Weile haben will, doch auch damit kann er sich nicht rausreden. Motorpsycho veröffentlichen nämlich nicht nur viel, sondern auch viel Gutes, ja bisweilen sogar Brillantes.

Der jüngste Streich nennt sich "Phanerothyme" und wurde nach einem von Aldous Huxley (Autor des Kultromans "Brave New World") geprägten Begriff für bewusstseinserweiternde Drogen benannt. Das macht auf Grund vieler psychedelischer Klänge durchaus Sinn, auch wenn der Opener 'Bedroom Eyes' weniger nach einem wilden Drogentrip, sondern eher nach morgendlichem Erwachen klingt: Dezent verschlafene Streicher machen nur langsam Platz für eine zaghaft heran kriechende Melodie, bis die samtweichen, verschüchterten Vocals von Bent Sæther den Tag begrüßen. Schön wird er werden.

Wen dieser ruhige Ohrenstreichler nicht so recht wach kriegt, der steht dann spätestens beim anschließenden 'For Free' senkrecht im Bett. Die Gitarre eifert mit einem wild gewordenen Streicherensemble um die Wette und zeigt eindrucksvoll die andere Seite von Motorpsycho. "Completely out of control" gibt Sæther zu, übel nimmt man es ihm natürlich nicht.

Was folgt, sind zweifelsohne richtig gute Rocksongs, die neben den üblichen Verdächtigen wie Gitarre, Bass, Drums und natürlich dem immer wieder unverwechselbaren Gesang auch von allerlei Streichern und Bläsern in Form gebracht werden. Das klingt nicht nur in dieser Rezension gewaltig nach 60ern und 70ern, das hört sich auch auf Platte so an. Nichtsdestotrotz vollbringen Motorpsycho einmal mehr das Kunststück, eigenständig und einzigartig zu tönen und schütteln zur Halbzeit quasi nebenbei eine Single aus dem Ärmel, die in einer gerechten Welt sogar kommerzielle Erfolgschancen hätte. 'The Slow Phaseout' fällt nicht – wie der Titel vermuten lassen könnte – langsam auseinander, sondern bläst uns unwiderstehliche Hörner um die Ohren und kuschelt sich angenehm unaufdringlich am Trommelfell an. Ein Ohrwurm, dem man nur zu gerne Asyl gewährt. Das folgende, leider etwas zu ausufernd geratene 'Go To California' bleibt der einzige, leicht verzeihliche Ausrutscher, denn danach werden wieder alle Register gezogen. "Everything is great / when you're dead", belehrt uns Sæther schließlich im letzten Song und setzt ein schelmisches Grinsen auf. Nein, das kann er wirklich nicht ernst gemeint haben, dafür strahlen Motorpsycho auf diesem Longplayer viel zu viel unverblümte Freude am Leben aus. So lange sich daran nichts ändert, sollte man sich einfach auf ein baldiges Wiederhören freuen. Spätestens in sechs Monaten ist es eh wieder so weit.

Daniel Gerhardt