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  [record reviews: phanerothyme]




Motorpsycho – Phanerothyme
it´s just good music after all

Review of Phanerothyme taken from the
German e-zine
KOELNPOP, 2001.
German. Found at the koelnpop site.


Motorpsycho - «Phanerothyme» - cover - front
 

Dies ist nicht das dritte Album der norwegischen Workaholics, aber es ruft genausoviele gespaltene Reaktionen hervor, wie es meist das berühmte "dritte Album" tut. War auf dem letzten Longplayer "Let Them Eat Cake" schon erkennbar, daß Bent, Snah und Gebhardt aufmerksam die Popmusik der 60er und das Indiepop-Karussell der 90er beobachtet hatten, bevor sie ins Studio tauchten, hielten sie kurz darauf mit dem lediglich popbeträufelten Schweinerock-Minialbum "Barracuda" dagegen. Und nun also Phanerothyme, ein Wort das sich der Schriftsteller Aldous Huxley als Sammelbegriff für Halluzinogene zulegte.

Die neue Motorpsycho ist zugegeben hippiesker als alles vorhergehende: Ausufernde Chöre und jazzige Endlosgitarrenlicks lassen Zeit verstreichen, die es heute in der Musik anscheinend kaum noch gibt. Zwei wunderschöne Lagerfeuersongs werden mit sanften Streichern dekoriert, lediglich der dicke Bass von Bent Saether deutet noch an, daß hier früher mal heftig gerockt wurde. Und trotzdem bleibt es eine eigentlich typische Motorpsycho-Veröffentlichung, denn Pop blinkte schon auf den früheren Alben wie "Demonbox" oder dem 2CD (und 3LP)-Epos "Timothy's Monster" durch. Vorwürfe der Kommerzialisierung (Motorpsycho sind in Norwegen eh schon seit längerem bei Sony unter Vertrag) werden laut, die Independent-Credibility-Gemeinde heult auf und redet wieder am Thema vorbei.

Denn es ist letztendlich doch scheißegal wann diese Platte gemacht wurde und auf welchem Label sie erschienen ist. Großartige Songs bleiben nun mal großartige Songs und davon haben Motorpsycho anscheinend ein unerschöpfliches Arsenal. Quer durch die Jahrzehnte, von Beach Boys, Beatles und Nick Drake bis hin zu Black Sabbath, The Who und Sun Ra.

Und gerade dadurch, daß der "Majordeal" im eigenen Land sie finanziell unabhängiger macht, ist es ihnen anscheinend möglich, sich völlig auf die Musik zu konzentrieren und einen Output zu bieten, bei dem der verstorbene Frank Zappa bald kalte Füße kriegen müsste. In Zeiten, in denen sich die Wirtschaft die finanziell so lange vor sich hindümpelnde Musik-Industrie nun letztendlich doch gekrallt hat, um ihr auch noch den letzten Tropfen Gewinn auszuquetschen doch wohl eine sehr beruhigende Gewissheit.

Um die ganze Tiefe dieser Band zu entdecken, ist es ausserdem ratsam, sich aufmerksam nach den Single-Auskopplungen beim Lieblingsplattendealer umzuschauen. Meist haben diese E.P.-Länge und bieten statt öder Liveversionen oder Remixen einen weiteren Fundus an Perlen, die in den guten alten Zeiten wahrscheinlich als B-Seiten tituliert worden wären.

(tig)