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  [record reviews: phanerothyme]




Motorpsycho: Phanerothyme

Review of Phanerothyme taken from the
German e-zine
SOUND BASE ONLINE, August 2001.
In German. Found at the soundbase online site.


Motorpsycho: Phanerothyme     TIP!
(Stickman / INDIGO)
VÖ: 03.09.2001

Was war zuerst da, dass Huhn oder das Ei? Wer ist Schuld am Niedergang "guter Musik ohne Konventionen", fabriziert von den letzten echten Individualisten – die Raffgier der Plattenindustrie oder die Copysucht der mp3-Junkies?

Beruhigt euch wieder, ich will euch nicht mit diesem totgesabbelten Thema auf den Nerven rumtrampeln, für das in der Zwischenzeit wahrscheinlich sogar "Focus" und "Spiegel" ein Titelthema verschwendet haben.
Vielmehr möchte ich auf die Konsequenzen aufmerksam machen, die sich aus genannter Problematik für den Rezensenten, nämlich mich, ergeben.
Schließlich war ich es, der sich einen knappen Monat auf die neue "Motorpsycho" gefreut hatte und was muß ich also erschreckt feststellen als ich das Mucke-Päckchen öffne? Es befinden sich ca. 20 CD's darin und... 1 Kassette – die neue "Motorpsycho".

Natürlich beeinflußt der mumpfige Klang nicht die Songqualität, aber es geht schon eine Menge Hörgenuß flöten wenn sich der Sound anhört, als hätte man die Boxen von innen mit Glaswolleplatten zugetackert. Desweiteren entpuppt es sich als äußerst nervig vor- und zurückzuspulen oder Songtitel zu suchen, ein Mangel an Luxus der mich die CD aufs Neue schätzen lehrt – Sekunde, ich muß mal eben zurückspulen.

Und da die Band eine mittlerweile mehr als große Anhängerschaft hinter sich stehen hat, versuche ich mal auf die Songs einzeln einzugehen, anstatt mal eben einen Pauschalsermon über der Platte abzurotzen.

Bereits der Opener "Bedroom Eyes" macht seinem Namen alle Ehre, strahlt eine beruhigende Atmosphäre aus und erinnert stellenweise an eine moderne Version 70er Progressive Rocks, bevor es mit "For Free" zwar immer noch ziemlich unhart, aber deutlich rockiger und mit einer tollen Gesangslinie weitergeht.
"B.S." bleibt auf Grund seiner tremoloartigen Akkorde sofort in meinem Ohr haften und mündet in ein phänomenal geiles Solo... Aaahhhh, "Colt Severs", "Dallas", "Denver Clan", wat weiß ich nicht... Melodien für die Ewigkeit.
Weiter geht's mit "Landslide" das auch auf einem "Pink Floyd"-Frühwerk hätte stehen können und diverse Drogenerfahrungen erst gar nicht zu verleugnen versucht. Das darauf folgende Cover (das wohl gar kein Cover ist, wie ich mittlerweile am Rande mitbekommen habe) von "Go to California" wird laut Info mit Hilfe von Videoclip sowie Promo CD's unterstützt werden und muß, wie sollte es anders sein, als gelungen bezeichnet werden.
Kassette gewechselt und die Lauscher dem gefühlvollen "Painting The Night Unreal" geöffnet. Erinnert erneut an "Pink Floyd", ist schlicht und einfach pervers gut und zum Ende hin bricht die schlummernd geglaubte Emotionalität doch noch aus den Norwegern heraus.
So, was haben wir jetzt? "The Slow Phaseout", das zwar durchaus ordentlich ist, mir aber nicht unbedingt als herausragend aufgefallen ist, obwohl zukünftig auch als Videoclip zu bestaunen.

"Blindfolded" und "When You're Dead" bilden schließlich die Schlusspunkte der Platte, wobei ersterer ziemlich unauffällig und relaxt klingt, "When You're Dead" jedoch mit Western-Intro beginnt, einen würdigen Abschluss der Platte bildet und "den" Ohrwurm- Refrain vor dem Herrn parat hat.

Das Besondere an "Motorpsycho" ist einfach die Fähigkeit musikalische Deja-Vu Erlebnisse auszulösen, da man andauernd denkt: "Den Film kenn ich doch", was im Endeffekt aber doch nicht der Fall ist – wie schon gesagt, Songs für die Ewigkeit!
"Phanerothyme" ist meiner Meinung nach, abgesehen von der neuen "Tool", die bisher mit Abstand beste Platte des laufenden Jahres 2001, was den "Tip" zur logischen Folge hat und mich vor Geilheit sabbernd in meiner Bude zurückläßt, wenn ich nur einen einzigen Gedanken an die bald folgenden Touraktivitäten verschwende. Denn wie sagte schon Aldous Huxley treffend: "To make the trivial world sublime, take half a gramme of Phanerothyme".

Zum Schluss sein darauf verwiesen, dass dieses Album auch als LP veröffentlicht wird, was ich auf Grund des Retro-Sounds für durchaus legitim, ja vielleicht sogar sinnvoll erachte.

(JK)

Homepage: http://motorpsycho.fix.no/