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  [record reviews: trust us]




Motorpsycho - Trust me

Review of Trust Us taken from the
German indie-magazine
SPEX #4 / 1998.
In German. Review found in the depths of the mighty Stickman archives.
Thx to Jeanette!


Motorpsycho - Trust me [1]
Stickman Records / Indigo

Motorpsycho ist die gültige Antithese zu Pearl Jam (vgl. SPEX 3/98). Mit altmodischer Doppelalbum-Tour-Doppelalbum-Tour-Beharrlichkeit und nahbarem Auftreten haben sie sich als eine der letzten zusammenhaltsstiftenden Instanzen einer Gemeinde etabliert, die am Anfang dieser Dekade der Authentizitätsverheißung, den falschen Seattle-Propheten gefolgt ist, und seitdem haltlos und verloren auf wackligen P-Rock-Vehikeln durch die elektronische Tundra karrt.
     Die drei Norweger spielen also »Trust Me« ein, die jährliche monumentale Permutation ihres 93er-Wegweisers »Demon Box«, und lassen in handgefalteter Verpackung den längst abgehakten Rock-Mythos von Aufrichtigkeit und Integrität wahr werden. Ihre sich unbändig auftürmenden Pleonasmen zwischen Cinemascope-Gebratze, Sample / Synth-Einsatz und Glockenspiel-Leisetreterei entspringen einem Parallel-Universum, in dem es möglich ist, alle erdenklichen Handhabungen einer verstärkten Gitarre neu auszuschöpfen, ohne sich in selbstgefälliger Virtuosität und chauvinistischer Pose zu verfangen oder sich dem mit der Verwertungslogik einhergehenden Selbstekel auszuliefern. An diesem imaginären Ort jenseits der Siebziger darf ohne ironische Distanz noch einmal richtig dick aufgetragen werden: Schmerz ist Schmerz, Zerbrechlichkeit ist Zerbrechlichkeit, Zuversicht ist Zuversicht.
     Man kann Motorpsycho tatsächlich vertrauen: Auch '98 erscheinen sie mit erstaunlicher Selbstverständlichkeit resistent gegen Redundanz und Langeweile; es ist nicht abzusehen, daß diejenigen, die das Dornen-Emblem der Band als bleibenden Körperschmuck mit sich herumtragen, den Gang zum Tätowierstudio irgendwann bereuen werden. Ihre nächste Tour wird wieder ausverkauft sein.

Heiko Zwirner