[media stories: 2000: german] |
||
Meister der Metamorphose:
Motorpsycho im Kesselhaus
Concert review of the Berlin-gig / 2000-04-27
taken from the Sie spielen immer noch diese episch langen und introvertierten Rocksongs, die den Zuhörer nachhaltig hypnotisieren. Sechs, sieben Minuten müssen manchmal schon vergehen, bevor Motorpsycho einen Titel abbrechen. Die vier Musiker aus dem norwegischen Trondheim verstehen es hervorragend, den von Kälte, Ruhe und Mitternachtssonne geprägten Alltag ihrer nordischen Heimat abzubilden. Gelegentlich klingen sie düster, schrill und leidend, im nächsten Moment dann wieder positiv und hoffnungsvoll. Im ausverkauften Kesselhaus der Kulturbrauerei spielten die Skandinavier ihre Erfahrung aus zehn bewegten Bandjahren aus. Sie sind inzwischen wahre Meister der Metamorphose. Der neueste Albumstreich heißt «Let Them Eat Cake» und kokettiert mit zeitlich eher knapp gehaltenen Spielwiesen-Pop nach Beatles-Vorbild. Dieses zugängliche Material steht im Mittelpunkt der Show. Exemplarisch dafür ist das Stück «The Other Fool». Phonstärke und Trance-Taktik bleibt außen vor. Wie es der Band überhaupt die Rockmusik der späten sechziger Jahre angetan hat. «High Times» klingt, als hätten die Alt-Hippies und die Studentenrocker ihre ideologischen Differenzen begraben und sich auf einen Nenner geeinigt. «Go to California!», fordern Motorpsycho passend dazu. Die mystischen Beschwörungen der Doors, der exzentrische Duktus der frühen Pink Floyd, die Prog-Rock-Dehnübungen der Siebziger, sogar etwas Free-Jazz - das alles und mehr bauen Motorpsycho mit einer Verve in ihren Set ein, als gelte es, in zwei Stunden schnell das gesamte Kaleidoskop an Rock-Tönen zu rekapitulieren. Nur bei der Zugabe überspannen sie den eklektischen Bogen mit einer Neuinterpretation von Stevie Wonders «Superstition». Die wirkt nicht mehr verwegen, sondern nur übertrieben. huf
|
||