[media stories: 2000: german] |
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Preview of the Leipzig-gig / 2000-04-26 Am 31.12.1999 spielte der norwegische Radiosender P3 24 Stunden lang immer wieder denselben Song. Die P3-Hörer hatten ihr Lied des Jahrtausends gewählt: „Vortex Surfer“, von Motorpsycho. Ja, ja, Norwegen. – Weswegen? – Norwegen. – Ja, ja. [Doch so monoton wie es sich liest, ist es zum Glück nicht.]
Wie soll man eine Band ankündigen, die eigentlich jeder Popmusikkonsument kennen dürfte, und wo das nüchterne Vokabular nicht ausreicht, exakt das zu vermitteln, was Motorpsycho geleistet hat und leistet. [In der PR-Selbstdarstellung heisst es kurz: "an experimental rock/pop/ metal/prog-band" (1) Aha.] Wenn man an den Sound von Motorpsycho denkt, assoziert der Kenner: melancholische Anfänge, psychedelisch-grooviger Mittelteil, dazu leicht esoterische Texte und folgend eine akustische und temporale Steigerung, die nach ca. 10 bis 15 Minuten an der Gitarrenwand fair gestoppt wird. Ein Versprühen von Lebenslaune und Energie, die man im sonnenarmen Norden kaum vermuten würde. Fast jedes Jahr produzieren sie eine neue Platte. Und sie werden immer besser. Jetzt im Februar haben sie ihre achte Studioplatte herausgebracht: „Let Them Eat Cake“. Als sie begannen, an dieser Scheibe zu arbeiten – und sie proben noch immer krisensicher im U-Boot-Bunker Dora 1 – stellten sie sich selbst zwei Zeit-Prämissen. Dabei ging es nicht um den Abgabetermin, sondern a) sollte kein Lied über vier Minuten und b) das Album nicht über 40 Minuten lang sein. Sie wollten also endlich mal einen Song im Radioformat abgeben. Die Vorhaben wurden knapp verfehlt. Aber wen stört das? Die Band selber beschreibt die Platte als etwas „different“. [„It is like a collection of beautiful songs: something you can listen to at night or your mother can do the dishes to - we don't care.“ (2)] Na gut, der geniale Gitarrenkrach fehlt, dafür sind Bläser und ein Streichquartett dabei, dazu ist die Platte recht jazzy. Es mag auch ein wenig an die Hörgewohnheiten der frühen 70er also an etwas Retro erinnern. Na und? Es ist wieder ein fabulöses Album in ästhetischer Kontinuität und keine Scheibe für das Hard-Rock-Cafe. Was wollen wir mehr von einer Band, die Popmusik noch richtig einzuschätzen weiss: „the power-trio format is the musical equivalent of oatmeal: great, but not exciting, after a while. This time, we thought we'd feed you something else. Some cake maybe...“ (3) Süss schmecken soll es, und wird es! Wer jetzt einer der vielen Fans werden sollte, ihm aber noch die nötigen Insider-Infos fehlen, der muss ins Netz. (4) Dort erfährt Fan, woher der Bandname stammt, seit wann Bent tätowiert ist, was die neue Birkenstock-Collection kostet, was die Jungens im April noch so abhängen und warum Jesus so häufig in den Texten vorkommt. Aber noch schöner sind die archivierten Fanreports auf Norwegisch – Daraus kann sich der Autogrammjäger wichtige Phrasen ziehen, denn wer blamiert sich schon gern im plumpen Deutsch oder trivialen Englisch vor seinem Helden? Jetzt also schon mal üben: „Blir du provosert huis XY (5) spor deg om en autograf?“ Einen prosperierenden Abend! hei.ko (1) Zitiert in: http://motorpsycho.fix.no/
(2) ebenda. (3) ebenda. (4) Blick drei Spalten weiter rechts! (5) Hier bitte eigenen Namen einsetzen
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