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LIVE ERLEBT MOTORPSYCHO-ERLEBNISBERICHT
MOTORPSYCHO

Review of the Darmstadt show / 2001-10-11
taken from the German e-zine
ECHOES, 2001-10-19.
German. Found at the echoes-online site.


MOTORPSYCHO
Lokation:
Darmstadt, Centralstation

Bent and Geb - live
 
photo: Nene / Ricky / motorpsycho.fix.no
 
Motorpsycho – ein Name der seit über zehn Jahren für experimentierfreudigen Rock der Extraklasse steht. Da bei den zahllosen Alben und EPs, die in kurzer Abfolge auf den Markt geworfen werden, kaum Zeit für ausgedehnte Club-Touren bleibt, darf ein Auftritt in der hessischen Provinz durchaus als Rarität und demzufolge als echtes "Muss" angesehen werden.

Gut gefüllt war sie dann auch, die Darmstädter Centralstation, ein gemütlich kleiner Club, der einen idealen Rahmen für die psychedelischen Klangspielereien der drei Norweger bieten sollte.
Um 21 Uhr ist es schließlich soweit: Bassist/Sänger Bent Sæther, Drummer Hakon Gebhardt und Gitarrist / Sänger Hans Magnus "Snah" Ryan betreten die Bühne – nur unterstützt von einem Keyboarder – und beginnen, was ein fast dreistündiges Set werden soll.

Der Auftakt fällt dabei überraschend betulich aus, bei 'Bedroom Eyes' aus dem aktuellen Longplayer "Phanerothyme" wird Sæthers Stimme zum Beispiel nur von einer Akustikgitarre und Keyboardstreichern unterstützt, wodurch die filigrane Schönheit dieses kleinen Meisterwerks glücklicherweise nicht verloren geht. 'For Free' schwingt im Anschluss zum ersten Mal die Rockaxt und bringt die Fans in Wallung, bevor eine dreckige Version der aktuellen Single 'The Slow Phaseout' nachgereicht wird. 'Go to California', eher einer der Schwachpunkte der neuen Platte, überzeugt live plötzlich in einer stark verfremdeten Version, bevor Drummer Hakon Gebhardt bei 'When You're Dead' eine seiner seltenen Vocal-Einlagen liefert.

Obwohl es natürlich eine schwere Aufgabe ist, die üppig instrumentierten neuen Songs live umzusetzen – viele der zahlreichen Streicher kommen aus der Konserve, während die Bläser gänzlich wegfallen -, wissen Motorpsycho mit nicht zu bändigender Spielfreude und natürlich einer gehörigen Portion Routine der positiven Sorte ihrem Publikum zu jeder Zeit zu gefallen.

Fast alle Songs von "Phanerotyhme" kommen im ersten Drittel des Auftritts zum Einsatz und bilden gewissermaßen den Pflichtteil, bevor die Norweger zur Kür übergehen können. Mit der Länge der Songs steigt nun auch deren Eigenartigkeit, fünfzehnminütige Epen kommen mit druckvollen Gitarren und knackigem Bass daher und rücken die psychedelische Seite Motorpsychos ins Rampenlicht. Die Darmstädter erweisen sich auch in dieser Phase des Konzerts als äußerst dankbare Zuhörer und spenden nach jedem Stück frenetischen Applaus; aber es ist dennoch nicht von der Hand zu weisen, dass die langen, vertrackten Songs den Besuchern eine große Aufnahmefähigkeit abverlangen, mit der bestimmt nicht jeder gesegnet ist.

Als Motorpsycho nach knapp zwei Stunden zum ersten Mal die Bühne verlassen, ist natürlich trotzdem klar, dass ein ausgedehnter Zugabenblock her muss. Diesem Wunsch kommen die Norweger natürlich nur zu gerne nach, schließlich haben sie ganz augenscheinlich genauso viel Spaß auf der Bühne wie die Besucher davor.

Der Zugabenblock besteht in erster Linie aus weniger komplizierten, dafür aber umso publikumswirksameren Rock Songs. 'Up Against the Wall (High Time)' aus dem erst im Februar dieses Jahres veröffentlichtem Minialbum "Baracuda" setzt zum Beispiel noch ein weiteres Highlight, bevor Motorpsycho den Fans noch mal ein paar einzigartige Gitarrenbretter vor die Birne knallen. Zu diesem Zeitpunkt ist die Band bereits das zweite Mal zurück auf die Bühne gekehrt, Hakon Gebhardt trägt nur noch eine gefährlich kurze Jeans, und man nähert sich mit Riesenschritten der 180-Minuten-Marke.

An dieser scheitern Motorpsycho dann aber doch, und so markiert 'Shakin' All Over' schließlich den Schlusspunkt. Was bleibt, ist Zufriedenheit allerorten. Nicht nur das Motorpsycho überhaupt mal wieder da waren, sie haben auch all ihre verschiedensten Facetten präsentiert und es darüber hinaus geschafft, aus diesen ein homogenes Konzert zusammenzuschustern. Ein großer Spaß – gleichsam für Kopf und Beine.

Daniel Gerhardt