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Motorpsycho
Berlin (Casino) am 15.10.2001

Review of the Berlin show / 2001-10-15
taken from the German e-zine
FESTIVALDRECK, 2001-10-18.
In German. Found at the festivaldreck site.


ticket for Motorpsycho's show in Berlin 2001
 

Zum aktuellen Album hat sich das norwegische Trio dazu entschlossen, eine vollwertige Tournee zu spielen und nicht, wie zuletzt, das einzige Konzert in Deutschland in der Kieler Pumpe zu veranstalten. Statt dessen gibt es eine ausgedehnte Europa-Tour, die auch in diversen Städten Deutschlands Halt macht. Nun sind die Burschen aus der Fußball-, Hafen- und Unistadt Trondheim für ihre langen und aufreibenden Performances aus einigen Jahren Bandgeschichte berühmt-berüchtigt. So war zum Beispiel bei einem Bekannten von einer dreistündigen Show mit Musik in der Hauptrolle die Rede. Man konnte, natürlich auch in Hinblick auf die letzten wirklich tollen Alben, also bei diesem Konzertbesuch wenig riskieren. Nachdem dann die ewige Vorband Soundtrack Of Our Lives eine zwar lustige, dennoch aber eher langweilende Einstimmung auf laute Live-Musik gegeben hatte, war es an der Zeit für die Norweger, mit einer ersten Botschaft vor das Publikum zu treten, die da hieß: Rock. Nach dem Intro war eigentlich schon klar, dass der Schwerpunkt an diesem Abend eher auf der harten Seite Motorpsychos liegen würde, obgleich ja durchaus zahlreiche sanfte Klänge in ihrem Repertoire liegen. Unter großem Jubel setzten sie mit Go To California fort, was die Menge im prall gefüllten Casino sofort mitriss. Es folgten ein paar Knaller wie Hey Jane! oder Walking with J., bevor dann ein paar kleine süße Lieder wie Landslide und Bedroom Eyes die Leute wieder erholen ließen. Das sollte es dann aber auch erst mal mit dem ruhigen Kram gewesen sein, denn es folgte eine unbeschreibbare Phase der instrumentalen Anhänge. Diverse Lieder wurden durch wahnsinnige Solos erweitert, man plänkelte dann zwei, drei Minuten ruhig vor sich hin, um dann völlig zu explodieren und die schon fast abgehakte Melodie wieder aufzunehmen. Extrem verlief es bei Whip That Ghost, was sich bestimmt zwölf Minuten hinzog und trotzdem keine Langeweile aufkommen ließ. Bezeichnend war der Kommentar meines Konzert- Nachbars, der es so ausdrückte, dass dieses Stück auch eine Stunde hätte dauern können, und man hätte es kaum gemerkt. Langsam entfernte man sich wieder von dieser Tendenz zu langen Liedern, wenngleich jedes Stück, wie zum Beispiel The Other Fool oder The Slow Phaseout, weiter ausgeschmückt wurde. Nach etwa eindreiviertel Stunden standen dann die ersten Zeichen auf Abschied und unter anhaltend tosendem Beifall der begeisterten und auch wohl erschöpften Menge verließen die sympathischen Norweger die Bühne, allerdings nur für wenige Augenblicke. Die Zugabe war der Selbstgänger schlechthin. Man präsentierte wiederholt Kostproben der Instrumentenkünste, lange abwechslungsreiche Lieder mit krachendem Showdown. Nach erneutem Verlassen der Bühne ließ sich Motorpsycho nur noch auf eine kleine Zugabe ein, die ihr Drummer mit Banjo bewaffnet zum besten gab. Man schloss mit Everything Is Great When You're Dead. Ein derartiges Konzert habe ich noch nicht erlebt, an Energie wohl vergleichbar mit Nine Inch Nails, aber dennoch ganz anders, facettenreicher. Besonders überzeugend waren der zwei- bis dreistimmige Gesang, die enorme Vielseitigkeit in der Musik, die von bluesigen Ansätzen bis zum Bombastrock reichte, sowie die unheimlich starken Melodien, die trotz der oft aufkommenden Härte nie verloren gingen. Außerdem setzt ein Konzert von zweieinhalb Stunden von ganz alleine Maßstäbe Man kann nur sagen: Hin und mitrocken! Andernfalls verlassen wir uns auf Frontmann Sæther, der da sagte "See you next year!" – und darauf hoffen wir.

Nicki