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MOTORPSYCHO, ISOLATION YEARS
Frankfurt a.M., Uni-Festsaal im Studierendenhaus 22. November 2002
Review of the Frankfurt show / 2002-11-22
Es ist Herbst und immer dann kommen die Norweger MOTORPSYCHO nach Deutschland. Auch im
Studierendenhaus gibt es nichts mehr zu lachen: 17€ an der Ticketkasse, und auch
Karlsberg 0,33 ist mit 2,50€ alles andere als ein Trostspender. Trotz allem fanden
sich geschätzte 500 neue und alte Semester zum Traditionskonzi ein. Kurz nach 21 Uhr
ging's los.
ISOLATION YEARS sind fünf Jungspunde aus Schweden, Milchbärte, denen die reichen Vorstadteltern die Reise nach Germania möglich machten. ISOLATION YEARS machen weichen Psycho-Pop. Wehmütig dahinplätschernde Liedlein ohne anzuecken. Melancholische schwedische Volksweisen im Wolfspelz, die prominenten Valhalla-Rocker Ultima Thule im Schafspelz, Kurt Cobain mit eingeklemmten Eiern auf Entzug in der Betty-Ford-Klinik ... irgendwo dazwischen. Sie besitzen ein, zwei Stücke, die den Sprung in den Äther schaffen werden. Nur eins sind sie definitiv nicht: Rock'n'Roll. Nach 'ner Dreiviertelstunde prostete der Frontknabe zum Abschied mit 'ner Flasche Karamalz ins Volk ... die neue Generation "Rock"...
MOTORPSYCHO: In Norge sind sie längst Rockstars. Willkommen in nicht greifbaren Klangwelten. Mal stehen sie zu Acht mit drei Bläsern auf der Bühne, mal teilen sie diese mit einer Jazz-Combo. Beim heutigen Clubgig hatten Bent Saether (bass/vox), "Snah" Ryan (git) und Hakon Gebhardt (dr) nur einen Keyboarder dabei. MOTORPSYCHO, benannt nach einem Russ Meyer-Film, sind unberechenbare Stilwandler, facettenreiche und unerschöpfliche Exzentriker, Vollprofis mit Esprit. Sie erzeugen eine gigantische Collage von progressivem 70er Rock, über Blues, Hard Rock, Heavy Rock, Stoner Rock bis hin zu Free Jazz. Schublade? ... Psychedelischer Indie-Rock würde ich sagen. Sie selbst sehen sich in Tradition zu Sonic Youth und lassen verlauten: "Heavy Metall iz a poze, hardt rock iz a laifschteil". Den Einstieg machte der knackige Dampfhammer "Überwagner", es folgte ein typisch 70er Progsong: das kindlich-naive "Never let you out". Mit "Custer's last Stand" ging es auf die psychedelische Achterbahn. Kaum ein Stück kürzer als 15 Minuten. MOTORPSYCHO türmten Klanggebirge auf. Weisse Lichtsalven jagten ins Volk. Die meist verträumt beginnenden Stücke steigerten sich ins Unermessliche und gipfelten in wüsten, endlos-jaulenden Rifforgien, bevor blasende Orgel-Passagen die Apokalypse in Free Jazz-Gefilde runterkühlten ... Verrückt. Zwei Mann an den Saiten rockten eine ganze Legion von Schrammelhippies gegen die Wand, untermalt von Marilyn Monroe-Filmchen. Der Schlagwerker gab dann so nebenbei ein Ständchen auf der Mandoline, ja und wen verblüffte es noch, daß der Bassist auch exotische Rasseln meisterlisch bedient? "Nothing to Say" und "Superstooge": weitere Riffmonster, die Schuld waren für ungläubiges Staunen. Nach anderthalb Stunden gab's eine kurze Verschnaufpause. Weiter ging es mit dem ruhigen "Run to the Hill". Doch das war nur die Ruhe vor dem Sturm (Immer noch überrascht?). Es folgte der finale Trip: die modernen, stonerlastigen "Black to Comm" und "Vortex Surfer" liessen die Hosenbeine flattern. Haben das die Götter Kyuss gehört? Das Publikum fiel in Ekstase und tanzte wie ein Meer von Schlangen. Ich riss mich zusammen, wollte diesen Bericht schreiben. In der nächsten halbe Stunde zerlegte sich das Studierendenhaus endgültig in Schutt und Asche. Das Ende eines zweistündigen, multiplen Ohrgasmus. Top 3 unter meinen Konzis der letzten Jahre. Und der nächste Herbst kommt so sicher wie der Tod. Und mit ihm MOTORPSYCHOOOfuckingKILLLLLLERRRRRRR!!!!!!
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