home

  [media stories: 2001: german]




  Fender Stratocaster
ROCK • STORY   MOTORPSYCHO   
"To make this
     trivial world sublime..."

Article about the Phanerothyme release
taken from German distributor Indigo's for-free magazine
INDIGO NOTES #81 / September 2001.
In German.


Motorpsycho on the Indigo Notes cover in September 2001  

Egal wie oft diese erstaunliche Band auch neue Dinge veröffentlicht – ihre Fans warten immer ungeduldig und gespannt wie die Flitzebögen.

Ja wirklich: wenn man sich anschaut, was die in vielen verschiedenen Ländern beheimateten Fankreise rund um die norwegische Premierkapelle Motorpsycho herum so zwischen den Alben veranstalten, dann könnte man glatt meinen, es ginge hier um ihr persönliches Wohl und Gedeihen. Und ist dann ein neues Album draußen, dann wird darüber heiß diskutiert, es wird verglichen mit Titeln aus dem Backprogramm, man mutmaßt über die Entwicklungen, die Motorpsycho in den nächsten Jahren nehmen wird. Ergebnis all der Bemühungen um diese Lieblingsband vieler vieler Leute gerade auch in Deutschland ist dann, dass man erstens das neue Album in das Band-Oevre integriert und gleichberechtigt neben die anderen Schätze und Evergreens wie Demon Box, Timothy's Monster, Trust Us, Angels & Daemons At Play und – natürlich! – das grandiose und grandios erfolgreiche Let Them Eat Cake stellt, und zweitens, daß man ab sofort ungeduldig den nächsten Tonträger der unermüdlichen Drei aus Trondheim erwartet und... diskutiert.

Nun aber befinden wir uns im Jahre 2001, und die Fans scharren bereits wieder eifrig mit den Hufen: Für den 3. September ist ein / Das neue Album aus dem Hause Motorpsycho angesagt, und es wird uns mit dem ungewöhnlichen, schwer auszusprechenden Titel Phanerothyme verblüffen. Ich bitte, dieses Wort so sorgfältig wie möglich zu artikulieren, gerne auch mit einem Augenzwinkern. Denn als "Phanerothyme" bezeichnete Aldous Huxley (Die Pforten der Wahrnehmung, Schöne neue Welt, etc., pp.) jene positiven Seiten der psychedelischen Drogen, deren Existenz die Bier- und Schnapstrinkermehrheit hierzulande ja standhaft und trinkfest seit den 60er Jahren leugnet. Diese Aspekte des Konsums der psychdelischen Drogen bklassifizierte die CIA seinerzeit als "Madness-inducing psychosis replicas", was wahrscheinlich sowas wie "Echotrips, die dich irre machen" meinte. Aldous Huxley schrieb seinerzeit an seinen Freund Humphrey Oswald: "To make this trivial world sublime, take half a gramme of phanerothyme", und der antwortete flugs, bedröhnt und (wahrscheinlich) gerade dem Acid ergeben: "To fanthom hell or soar angelic, just take a pinch of psychedelic." Prima, diese alten Kerle, oder?
Auch wenn man jetzt meinen könnte, Motorpsycho nähmen uns mit ihrem neuen Album nun mit auf eine Reise zurück in die 60er Jahre-Welt des Psychedelic- und Acid-Rock, und mute uns mindestens zwanzigminütige Gitarren- und (noch schlimmer, denkt nur an das In A Gadda Da Vida-Getrommel!) Schlagzeugsoli zu: Weit gefehlt, darum geht es hier nicht. Versprechen wie "sublime" und auch "soar angelic" lösen Motorpsycho jedoch schon ein. Aber auf ihre Weise. Das kann man nicht wirklich beschreiben, das muss man hören, um es zu glauben. Der Engländer in uns will dazu einfach nur melden: "Listen and enjoy". Höre hin und habe deine Freude, so könnte man das seinem Kinde auf deutsch an der Wiege singen. Weran weitergehenden Informationen über Platte und Band interessiert ist, sollte sich ihre Homepage anschauen. Unter http://motorpsycho.fix.no/ findet sich allerlei Wissenswertes, eine riesengroße Gallery, die komplette Diskographie der Trondheimer und die Biographien der einzelnen Musiker. Niemand sollte nämlich meinen, diese Workaholics seien mit Motorpsycho bereits ausgelastet. Nein, sie projekten und brillieren solo auch anderweitig umher. Mit ihrem sehr angenehm poppigen Album Let Them Eat Cake schafften es Motorpsycho ja bekanntermaßen, die hiesigen Kekse- und Kuchenesser so massiv hinter sich zu vereinen, daß sie souverän die deutschen Charts enterten. Ob ihnen das gleiche nun wohl auch mit den Phanerothyme-Konsumenten und anderen Psychedelikern gelingen wird? Wobei: das ist uns eigentlich schnuppe. Wir freuen uns in erster Linie darüber, daß sie kurz nach der VÖ des Albums erneut zu einer großen Tour durch's Europäische aufbrechen werden, die sie von Norwegen bis nach Griechenland (und wieder zurück) führen wird. Und die Chance, diese Band live zu erleben, die sollte sich niemand entgehen lassen. Denn live on stage zählen sie zum besten, was der Rock'n'Roll weltweit seit geraumer Zeit aufzubieten hat. Wir sehen uns!

MOTORPSYCHO • Phanerothyme
Stickman/Indigo LP/CD 0558-1/2

Wolfgang Klebe

Motorpsycho live in 1998
Fotos: Peter Heck