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  [media stories: german: 2000]



Motorpsycho packen die
halbe Rockgeschichte in
ihren Sound

Review of the Hannover-gig / 2000-08-23 taken from the
German newspaper
NEUE PRESSE, 2000-08-25.
German.


  Snah live in Hannover (GER) 2000-08-23

HANNOVER. Die Band betritt die Bühne im Capitol, und los bricht der Sturm. Kein Gruß an die 1100 Fans, schmale "Thank-Yous" für den Applaus. Nix wie rein in die Musik. Motorpsycho aus Norwegen lieben keine großen Worte. Aber sie bringen große Songs.

Lange Songs. Laute Songs. In denen schwebt die halbe Rockgeschichte. Es ist wie mit Afri-Cola - alles ist in Motorpsycho: Hendrix, Led Zep, Allman Brothers. Pop schwebt auch mit: Satzgesänge à la Beach Boys, marschierende Beats wie bei den jungen Kinks oder McCoys. Dann wieder alarmierender Lärm frei nach Sonic Youth und musikalische Weltraumflüge wie bei den Pink Floyd der frühen Tage. Das ganze Mischgut verschmilzt zu Motorpsycho. Ein tausendfältiger, unverwechselbarer Sound.

Sänger Bent Sæther trägt ein Beatles T-Shirt, kündigt das noch unveröffentlichte "Go To California" als "unseren Springsteen-Song" an. Der aber nicht nach Boss klingt, sondern frappierend nach Beatles. Sæ singt beherzt immer zwei Zentimeter neben der Spur. Baard Slagsvolds Orgel kommt im Gehege mit Hakon Gebhardts Schlagzeug und Snahs Gitarre einer Doors-Klimax nahe. "Come on baby, light my fire ..." will man singen. Das Piano brennt. Das Volk tanzt.

Songs nehmen jähe Wendungen, versickern mit einem Flüstern oder stoppen mit einem Donnerschlag. Man braucht starke Ohren, hungrige Ohren, offene Ohren. Gegen Ende jagt Bent Sæther den Basshals lang als wärs eine Gitarre. Der Hit "Vortex Surfer" bleibt aus, dafür gibt's die spukige "Witch" der Hamburger Rattles. Nach 100 Minuten ist das Konzert vorbei, der Rausch bleibt, im Kopf dröhnt lang ein reinigender Ton, mächtig und endlos wie der Schlussakkord von "Sergeant Pepper".

Matthias Halbig