never let you out
wer den ersten track eines albums mit
überwagner or a million bubbles in my
mind betitelt, kann nur genial oder verrückt
sein. im falle von motorpsycho
stellt sich diese frage zum glück nicht mehr -
sind die schaffer solch epischer meisterwerke
wie timothy´s monster oder bezaubernder
pop-perlen a la phanetorhyme doch längst
der sphäre irdischer kritik entrückt. einmal pro
jahr, zumeist gegen herbst, darf sich der
geneigte musikliebhaber auf neues futter der
drei norweger freuen. die zittrige hand beim
cd-kauf, das atemlose einschieben in den player
und das perplexe, andächtige verharren, nachdem
das album seine ersten umdrehungen hinter sich
hat, gehören für fans zum jährlichen
kalenderlauf - beinahe wie weihnachten. die
bange frage, welche richtungsänderung einen
diesmal vor den kopf stößt, nur um einen nach
kurzer eingewöhnung in ekstatische verzückung zu
versetzen, gehört zu den angenehmsten qualen der
menschheitsgeschichte.
it´s a love cult benötigt dann auch
prompt wieder einige stunden im cd-player, um
seine ganzen qualitäten zu entfalten. was nach
dem ersten hören wie ein merkwürdig
unentschlossener phanetorhyme-abklatsch
klingt, entpuppt sich nach und nach als gut
organisierte tour durch die musikgeschichte der
sechziger und siebziger jahre. diese wende hin
zum retrorock, mit seinen vielfältig
verschachtelten arrangements, den warmen
klangkonstruktionen und den detailverliebten
gitarrenausflügen ist seit let them eat
cake bevorzugtes experimentierfeld der band.
diesmal sind die drei aber wohl endgültig am
ziel angelangt, ihren sound dieser zeit
anzupassen und trotzdem zeitlos zu gestalten.
hier steht man nicht vor einer x-beliebigen
kopie: motopsycho sind echter als die
meisten originale. jeder ton beweist, dass sie
niemandem mehr etwas beweisen müssen.
selbstsicher spielt man die eigenen
lieblingssongs, scheut sich nicht vor
schnulzigen untiefen (das wunderschöne
carousel), ironischem augenzwinkern
(what if...) und erst recht nicht vor
schnöden drei-minuten-pro-song-grenzen.
wie für jedes motorpsycho-album
gilt auch hier wieder: die einzige art, es
angemessen zu beschreiben ist das wort
„unbeschreibbar“. unheimlicher tiefgang gepaart
mit einer eingängigkeit und unverwechselbarkeit,
die ihresgleichen sucht. im direkten vergleich
zu den beiden vorgängern fällt auf, dass diesmal
der chill-faktor leicht zurückgeschraubt wurde
und die platte sich nicht mehr so perfekt zum
"freunde einladen" anbietet, sondern besser
alleine genossen wird. zudem ist die verbindung
zwischen den einzelnen stücken nicht so
ausgefeilt, eher nebeneinander als ineinander.
die gesamtatmosphäre verliert dadurch ein wenig
an harmonie und stimmigkeit, dafür lassen sich
schneller lieblingsstücke ausfindig machen.
kann ein motorpsycho-album
eigentlich überhaupt eine enttäuschung werden?
prinzipiell wohl ja, aber es regnet ja auch in
der wüste eher selten. it´s a love cult
jedenfalls sollte man den engen bezug auf
phanetorhyme nicht als schwäche auslegen,
sondern es als fortführung eines gelingenden
experiments werten. welche stellung das album in
der hierarchie der motorpsycho-platten
einnehmen soll, entscheide jeder für sich.
gegenüber herkömmlichen rockbands jedenfalls
verhält es sich wie goliath zu david (nur das
dieser die schleuder verlegt hat).