[media stories: 2001: german] |
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Motorpsycho
Doing By Learning
Band feature on occassion of the Phanerothyme release "Oh zis iz your Popalbum now? Muss ja ein wirklich schönes Jahr gewesen sein bei euch", bekämen sie schon den ganzen Tag zu hören, erzählt Gebhardt, einer von drei sichtlich müden Herren, die schon seit acht Alben (und unzähligen anderen Sachen zwischendurch) Motorpsycho sind. Dabei ist ihr neues Werk "Phanerothyme" gar nicht so versäuselt freundlich, wie man beim ersten Hören vielleicht denken mag. Klar, da ist dieses Singen über das Gehen nach Kalifornien und den klasse blauen Himmel, den es da gibt. Aber auch hier sind Motorpsycho eher Vinyl als CD: Die Sache hat zwei Seiten. "Zumindest von meiner Seite aus geht es bei diesem Album um die dunkle Seite des Traums von Sonnenscheinpop, Disneyworld usw. diese Hässlichkeit und Verlogenheit, aber eben auch die totale Glückseligkeit und Freude, die man bei diesen triefenden amerikanischen Filmen empfindet, ineinanderzublenden. Davon handelt 'Painting The Night Unreal', das ist der Kern des ganzen Albums", sagt Bent Sæther, bevor ich ihn frage, wieviel Ironie denn in dem Stück "B.S." steckt, das mich mit einer Mischung aus Lyrik über öffentliches Dasein und Musik zwischen Jethro Tull-Flöte und Supermarktbeschallungsgitarre doch etwas auf dem falschen Fuß erwischt hat. "'B.S.' kann so viel bedeuten. Viele Leute Haben gedacht, dass es für Bent Sæther steht, was mein Name ist. Andere dachten eher an BullShit. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich jedoch an Barbara Streisand gedacht. Es handelt davon, wie man damit umgeht, eine Person des öffentlichen Interesses zu sein. Aber, was die Musik angeht: Natürlich lieben wir die Shadows. Das wird aber ganz schnell unerträglich, wenn man das nicht mit ein wenig Humor versieht." Wie denn die neue Motorpsycho-Platte sei, wurde ich später gefragt, als ich von dem Interview erzählte. Was die denn jetzt noch ausprobieren könnten? Ob da denn nochmal ein "Blissard" kommen würde, vielleicht? Oder ob die jetzt ihr Blues-Rock-Ding weitermachen? Schon so 70er, meinte ich. Das sei aber auch so, dass da ganz viel ausprobiert würde, was man erstmal kaum merkt, weil die jetzt schon so gut sind, dass das alles wie selbstverständlich klingt. Aber, natürlich, wie Band und Publikum gemeinsam von "Demon Box" zu "Phanerothyme" gelangt sind, so ganz klar ist mir das auch nicht. Wussten die Leute, die letztes Jahr nach "Let Them Eat Cake" bei den Konzerten standen, aber auch nicht so rcht. Ganz viele Menschen in Lederjacken, die nicht erkannten, warum sie jetzt hören, was sie hören. Genau um diese leichte Unsicherheit geht es der Band, genau diese Unsicherheit spüren sie, wenn sie im Studio stehen und Sachen probieren, die sie so selbst noch gar nicht verstehen. Musikalisch geht es ihnen darum, diese Unsicherheit produktiv zu machen: doing by learning oder so ähnlich. Dieser Ansatz wird durch das Bewusstsein ergänzt, dass ein Ende dieses Prozesses im Grunde auch das Ende von Motorpsycho sein muss. Bent: "Wenn es anfängt, sich nur noch zu wiederholen, wenn wir langweilig und uninspiriert werden würden, dann müsste ich hoffen, dass wir das Gehirn und die Einsichtigkeit haben, das auch zu erkennen. So viele andere Künstler, mit denen man sich verbunden fühlt, sind langweilig geworden und haben das, was sie einmal für mich bedeutet haben, dadurch ruiniert, dass sie weitergemacht haben." "Phanerothyme" von Motorpsycho ist bei Stickman / Indigo
erschienen. Vollständiges Interview unter spex.de
Jan Niklas Jansen
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