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  [media stories: german: 1997]




Motorpsycho
Interstellar overdrive

Interview with Bent and Snah / article around AADAP
taken from the German indie magazine
SPEX #5 / 1997.
German. Article found in the depths of the mighty Stickman archives.
Thanks to Jeanette!

Glasklare Popmusik, der Song, Schattierungen in Rock: Motorpsycho kennen sich aus in den Metiers. Die Norweger haben in ihrer Heimat nicht nur den »Spellemannsprisen«, den norwegischen Grammy, für ihr 96er-Album »Blissard« gewonnen. Auch das restliche Europa liegt ihnen seit Jahren regelmäßig zu ausverkauften Tourneefüßen. Menschen wie ich geraten scharenweise ins Schwärmen, ob der improvisatorischen Fähigkeiten dieser Band, die auf der Bühne eine Kommunikationsform verkörpert, wie sie selten geworden ist, im »Dressur-Alternatent«. Von dem überwältigenden Output an Tonträgern ganz zu schweigen - inklusive gefaktem Country-Soundtrack (»The Tussler«) und Alice-Cooper-Split-Single (kein Scherz!).

»Wir konnten und wollten uns nicht ins Unermeßliche steigern. Was sollten wir machen. Wir hatten das harte, komplexe Album (»Demon Box«, d. Verf.), das monumentale Psychedelia-Monster (»Timothy's«, d. Verf.), das überproduzierte Kompakte mit »Blissard« und haben uns dann entschlossen, daß wir in Zukunft alles in ein Album packen, wie es kommt. Damit bleiben wir uns treu und automatisch niemandem etwas schuldig«, erklärt Snah (alias Hans Magnus Ryan alias Die-Gitarre-und-vieles-andere) das Abstreifen von Erwartungshaltungen und das frisch gestärkte Selbstbewußtsein. Was theoretisch klingt, hat »Angels And Daemons At Play« allerdings eingelöst. Ganz altmodisch und doch im Wandel der Zeit.

Ins Psychedelische abzudriften, das haben auch die Melvins (live zumindest) immer als eine Fluchtmöglichkeit vor dem Stillstand verstanden. Offene Assoziationsketten. Wer dabei denkt, das Trio wäre so etwas wie der Nachlassverwalter vergangener Jahrzehnte, für eine Generation, die Neil Young nur im Konnex mit Pearl Jam kennt, nähert sich bedenklich Potemkinschen Dörfern. Nein, keine verbitterten Musiker, die im Gestern leben. Aus traditionell-europäischen und amerikanischen Musiken eine eigene Identität wachsen zu lassen, das kann wahrscheinlich niemand so gut wie sie. Sozialisation ohne Hektik.

Trondheim scheint dafür eine »Paradeausgangsbasis«. Die ausgeruht beobachtende Seite des Rock eben: Motorpsycho covern live Moondog genauso gerne und überzeugend wie Jerry Garcia oder Hüsker Dü. Im Visier: Nick Drake, die Stooges, norwegischen ECM-Jazz, Lou Barlow, Pink Floyd, Stereolab, Coltrane, Kraftwerk, Joni Mitchell, King Crimson, MC 5 und die Sun-Ra-17-CD-Box auf Evidence.

  «Have Spacesuit Will Travel» - cover - front - artwork by Kim Hiorthøy  

Apropos, Boxen. »Wir haben 'Angels And Daemons At Play' in Norwegen in wöchentlichen Abständen als drei EPs veröffentlicht, erweitert um Outtakes, vollgepackt mit Schnickschnack. Mit der letzten hast du dann diese wunderschöne Box dazubekommen. Mit jeder der auf 500 Stück limitierten CDs sind wir in den Top Twenty gelandet. Ohne Vorankündigung, ohne Werbung. Jeweils für genau eine Woche. Es gab ja keinen Nachschub. Soviel nur zur Größe des Landes«, erzählt Bent Sæther, Bassist und Hauptsänger. Soviel nur zum Status dieser Band. Chartssysteme sind relativ. Und zur Tour wird dieses Prachtstück dann auch hierzulande erhältlich sein.

Auf Evidence erschien übrigens auch Sun Ras Album »Angels And Demons At Play / The Nubians Of Plutonia«. Und was wirkt unschuldiger, als vor ein E in Demon, ein frei assoziiertes A in ihren Plattentitel zu setzen. Scahde nur, daß Antiseen bereits eine fantastische Cover-Version von »Space Is The Place« aufgenommen haben. Das hätte ich nämlich auch von Motorpsycho gerne gehört. Oder aber: allæs andæræ.

Uwe Viehmann