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Von Gitarrenwänden umringt
Von einem, der auszog
Motorpsycho-Fan zu werden
Review of the München-gig / 2000-04-04 Norwegens Space-Rocker gastieren im Münchener Backstage Autofahrt durch München, gute Musik im Radio. Der Moderator erzählt vom letzten Motorpsycho-Konzert und von einem 45-minütigen Instrumentalteil, der das ganze Publikum in seinen Bann zog. Zwei Songs später beschließe ich, Motorpsycho-Fan zu werden. Am 4.4. ist das Konzert im Backstage...
Seit einer guten halben Stunde ist der Saal voll, und alle warten auf den Auftritt des Trios aus dem Norwegischen Trondheim. 13 Gitarren wollen bespielt und in den Händen von Bent Saether und Hans Magnus "Snah" Ryan zu "Musik mit Entdeckungsgehalt" ("Intro") werden. Die Sammlung von Verstärker-Raritäten der Marke "Orange" und ein gewaltiger Hiwatt-Bassverstärker lassen ahnen, wohin es an diesem Abend musikalisch gehen wird. Das Musikmagazin "Visions" beschreibt die Musik von Motorpsycho so: "...enorm dynamische, ausufernde Spacerock-Epen, die die Melancholie mit Löffeln gefressen zu haben schienen und dann urplötzlich alles per Gitarrenwand nieder walzten..." Zunächst einmal walzt aber nix. Die Musiker haben vor dem Konzert Hunger heißt es, und das Essen habe Verspätung. Kaum ist die satte Band auf der Bühne, geben Schlagzeuger Hakon Gebhardt und der Hiwatt-verstärkte Bassist Snah den ersten Vorgeschmack auf den Abend: Massige Sounds, wie mit dem Dampfhammer bearbeitete Melodien und vor allem viel Gitarre. Dass dabei im zweiten Stück der neuen Einspielung "Let Them Eat Cake" so sorgsam ausgearbeiteten Streicheraufnahmen untergehen - wen stört's angesicht der Melodieberge, die sich auf der Bühne auftürmen? Motorpsycho bringt Fußwippmusik erster Güte und ich stehe kurz vor der Gründung eines Fanclubs. Die Band ist um Baard Slagsvold erweitert, der den Klangteppich mit gefühlvollen Keyboardmelodien durchwebt. Immer wieder Momente, in denen die Musik schwungvoll davonprescht, als wolle sie dem Publikum entfliehen. Gekonnte Tempowechsel werden zum Prädikat des Abends. Auf den Takt genau wird aus wilden, sich überlagernden Klangwellen ein a-capella-Gesang. Das nächste Lied kann man im Internet nachlesen: Auf der wohl umfangreichsten Motorpsycho-Seite (http://motorpsycho.fix.no/): "... some need sobering and others less delay, mindgame focus yesterday." Motorpsycho beginnen damit, aus ihrer aktuellen Singleauskopplung einen ausufernden 30-Minüter zu machen. Immer wieder flechten sie neue Melodien ein, die sich ganz langsam anzuschleichen scheinen, und dann nach und nach die Oberhand gewinnen. Nach dreißig Minuten fällt das Zauberschloss zusammen, übrig bleiben ein paar Rückkopplungen, die im tosenden Beifall versanden. Und als wäre in der letzten halben Stunde nix gewesen geht es mit der anfangs begonnenen Single-Auskopplung und einem von Bent geweinten "keep dreamin'" weiter. Nach fast drei Stunden ist der letzte Song, "Vortex-Sufter", gespielt. Hakon hatte dazu sein Schlagzeug zunächst gegen ein Glockenspiel getauscht. Der Song ist so gut, dass er zum Jahrtausendwechsel die Internet-Hitparade des einzigen norwegischen Rocksenders 'P3' vor dem Europe-80er-Jahre-Knaller "Final Countdown" anführte und daraufhin 24 Stunden lang gespielt wurde. Allerdings haben getreueste Motorpsycho-Fans mit allerlei Tricks nachgeholfen. Man sollte also eine Motorpsycho-Platte haben. Oder auf eines der nächsten Konzerte gehen: 24.04.2000 - Köln - Live Music Hall / 25.04.2000 - Darmstadt - Centralstation / 26.04.2000 - Leipzig - Conne Island / 27.04.2000 - Berlin - Kesselhaus. Oliver Süß
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