Interview with Bent taken from the
German fanzine
DER WAHRSCHAUER #21 / October-November 1993.
In German. Interview found in the depths of the mighty Stickman archives.
Thanks to Jeanette!
Motorpsycho ist wohl die interessanteste Band aus Norwegen, was noch nicht viel heißen
mag als Aussage, so wie sie hier steht.
Erst beim Anhören ihrer DoLP / CD 'Demon Box' und der gerade veröffentlichten
'Mountain'-EP wird die Bedeutung dieser Einschätzung klar. Auch die meisten
internationalen Bands werden es verdammt schwer haben, mit ihren Songs mitzuhalten. Denn
diese sind so variantenreich, so leicht, kraftvoll, widerspenstig, traditionell, und diese
Aufzählung ließe sich fast beliebig fortführen, so daß es nur schwer möglich erscheint,
solch eine Leistung zu bringen. Und, kein noch so geliebter Vergleich zu anderen Bands würde
auf mehr als einen Song zutreffen. Fünf Jahre und zwei Alben haben sie gebraucht, um auf dem
dritten ihren für sie richtigen Weg zu finden, einen Weg, der immer wieder auf die ersten
Scheiben trifft. Somit bietet 'Demon Box' das gesamte Spektrum ihrer bisherigen Arbeiten,
gespickt mit meisterhaften Diebesgut und gereiften Erfahrungen. Bent Sæther,
Sänger und Songwriter, beantwortete die folgenden Fragen.
Was denkst du über die ersten beiden Scheiben? Siehst du da eine Weiterentwicklung?
Ja, vielleicht. Es ist sehr schwierig, so etwas wie einen Faden zu finden, der sich durch das
erste und zweite Album bis zum dritten zieht. Wir haben immer schon versucht, das zu tun, was
wir jetzt auf der dritten Scheibe gemacht haben. Das erste Album war ein wenig zu "heavy".
Wir konnten all die Dinge machen, die wir immer schon tun wollten. Daher hat es hinterher
im Zusammenhang des Albums nicht mehr gestimmt. Es ist eine Ansammlung von Songs, aber es
hat nicht das "Gefühl" eines Albums. Auf dem dritten hat das besser funktioniert.
Eure Scheibe ist sehr abwechslungsreich. Ihr integriert alle möglichen Arten von Musik.
Welche nennenswerten Einflüsse habt ihr?
Alles mögliche! Das große Ding für mich ist im Augenblick Gram Parsons, also
Country-Musik. Ich habe meine alten Kiss-Scheiben wiederentdeckt. Unser Drummer kauft
sich im Augenblick nur Musik mit Banjos. Der Gitarrist hört dagegen nur Richard
Blackmore (Deep Purple-Saitenschinder) und so'n altes Heavy Metal-Zeug.
Wir hören uns alles mögliche an. Natürlich haben wir alle eine andere Herangehensweise an
Musik. Das bedeutet, daß wir manchmal einen Song ausschließlich akustisch spielen müssen,
damit wir alle zufrieden sind. Aber wir machen die Arrangements zusammen. Was immer am
besten zum Song oder seiner Stimmung paßt, nehmen wir auf.
'Demon Box' hat 14 Songs. Ihr scheint keine Probleme damit zu haben, genug Songs
zu finden.
Ja, ich glaube, es sind 14 Songs. Das war nie ein Problem, weil wir uns nie zusammengesetzt
und überlegt haben, was für eine Band wir sein wollen. Wir wollten nur in einer Band sein und
die Songs spielen, die uns einfallen. Wenn ein Song zur Band paßt, dann spielen wir ihn. Die
verschiedensten Arten von Musik sind alle Motorpsycho-Musik. Wir sind sehr produktiv,
schreiben jede Woche neue Songs, und darum ist es kein Problem für uns, daß wir plötzlich
keine Songs mehr haben könnten.
Findet ihr die Songs bei Jam-Sessions?
Ja, manchmal sind es einfach irgendwelche Riffs, Jams und so'n Zeug. Andere Songs schreibe
ich auf meiner Akustischen und bringe sie dann den anderen Jungs; zusammen spielen wir
damit rum und finden die richtige Variante heraus.
Kommt viel Rockmusik bis zu euch nach Norwegen? Gibt es dort eine Hardrock- oder
Metalszene?
Ne! Es gibt eine kleine Blackmetal-Szene, mit Satanszeug und so. Und es gibt eine gute
Punkszene. Viele große Bands kommen zwar nach Norwegen, machen aber nur einmal in Oslo
Station. Es gibt keine echte Szene, aber dafür einige gute Bands, vielleicht zehn oder
zwanzig. Gute Bands, die versuchen, auch international Aufmerksamkeit zu erlangen.
Wie sieht die Reaktion auf eure Musik in Norwegen selbst aus?
(überlegt) Wir hatten ziemlich gute Kritiken. Um unsere neue Scheibe 'Demon Box' hat
sich sogar die Tagespresse gekümmert. Das hilft ziemlich viel. Wir verkaufen ganz gut für
eine Independentband. Viele Leute interessieren sich dafür, was wir da eigentlich machen. Es
ist ganz okay. Von denen wissen viele nicht, was sie davon halten sollen, weil wir alles
verkörpern von der zarteseten Akustikband bis hin zu den brutalsten Metalmonstern, die man
findet. Für manche Leute war das ein Problem. Aber Motorpsycho ist beides. Wer das
nicht verträgt, soll sich um andere Sachen kümmern. Das ist uns äußerst wichtig. Die meisten
meiner Lieblingsbands wie Led Zeppelin haben völlig unterschiedliche Musik gemacht, und
es war am Ende immer noch Led Zeppelin. Das ist unser Ziel. Natürlich wollen wir uns
nicht mit Led Zeppelin vergleichen. Aber es steht die selbe Idee dahinter. Es geht um
gute Musik, egal ob mit "fiddle oder fuzz guitar".
Habt ihr viele Auftrittsmöglichkeiten in Norwegen?
Nein, in Norwegen gibt es vielleicht zwanzig Orte, wo man spielen kann, alles
zusammengenommen. Und in den meisten kann man nicht öfter als zwei Mal pro Jahr auftreten,
weil zuwenig Leute da sind. Allein in Berlin gibt es mehr als in Norwegen insgesamt. Es
ist in diesem Sinne ein kleines Land. Aber es hat riesige Ausmaße, so daß man einen ganzen
Tag fahren muß, um irgendwo zu spielen. Das ist natürlich hinderlich.
Wie waren eure Gigs in Deutschland? Gab es etwas besonderes? Wie war die Reaktion auf
euch?
Es war sehr ... merkwürdig. Der Promotor schien nicht genau zu wissen, als was er uns
ankündigen sollte. Manche Leute nannten uns die norwegische Antwort auf Soundgarden,
andere eine "typische norwegische HC-Band". Darum wußten manche Leute nicht, was sie von uns
halten sollten.
Wie wichtig sind euch Gigs?
Sehr wichtig. Denn das ist der direkteste Weg. Da sieht man, was funktioniert und was nicht.
Und auf der Bühne zu stehen ist auch der unterhaltsamste Teil; herumzuspringen und eine
gute Zeit zu haben, zu versuchen, den Leuten etwas zu geben, ihnen seine Ansichten zu
vermitteln, durch die Musik direkt zu den Leuten. Darum geht es bei Musik und Kunst.
Kommunikation, Herausfinden, was funktioniert und was nicht. Das macht Spaß.
Auf der Doppel-LP sind drei Bonus-Tracks. Warum?
Alle Songs sollten auch auf der CD sein. Aber weil das Album so lang war, mußten wir einige
Songs herauslassen, damit alles auf eine CD paßte. Das war wirklich sehr schade, denn für
uns waren sie sehr wichtig in Bezug auf das gesamte Album. Aber sie werden noch herauskommen.
Einer von ihnen wird sich auf der 'Mountain'-EP befinden. Wir sind Vinyljunkies, wir
lieben Vinyl. Und natürlich sind wir froh, daß wir keine Songs auf der Doppel-LP herauslassen
mußten.
Habt ihr Pläne für die Zukunft?
Klar, weiter an Songs schreiben und weiter zu versuchen, uns selbst zu überraschen.
Simpson