Review taken from the
German indie-magazine
SPEX #4 / 1997.
German. Review found in the depths of the mighty Stickman archives ...
Thx to Jeanette!
Motorpsycho - Angels And Daemons At Play CD
Stickman / Indigo
Genau ein Jahr ist vergangen, seit Motorpsycho »Blissard« veröffentlicht
haben. Die Verwunderung seitens der Kritik und der Band diesem Album gegenüber, das
mehr Fragen, Vermutungen und Spekulationen nicht hätte aufwerfen können, mußte verdaut
werden. Erfolgreich, wie »Angels and Daemons At Play« beweist: Der Weg ist
das Ziel. Und wo es langgeht und wo man ankommt, bestimmen Motorpsycho auf's Neue
selbst.
Dabei lösen sie sich wieder von der durchkomponierten Form des Vorgängers, hin zur
Verschmelzung von Gitarre, Bass und Schlagzeug. Und zwar nach Belieben. Das Epische,
der Pop, das Freispiel. Spätsechziger-Kulissen (»Pills, Powder &
Passionplays«), Pink Floyd (»Un Chien D'Espace«) und krachende
Popnummern (»Like Always«), immer öfter von Snah mit der drückenden
Engelszunge eines Morten Harkett gesungen (was ich als Kompliment verstanden haben
möchte). Da ist auch immer noch Sonic Youth drin (»Heartattack Mac«). Und
die Liebe zum verschwörerischen Zwischenton, der das Herz der Band repräsentiert.
Pulsierend in einer stolz anschwellenden Brust, wenn sich die Musik überschlägt, wie in
»Stalemate« um sich selbst windet. Nur so lange bis sich die Möglichkeit
bietet, durch den Hintereingang zu verschwinden. Mal hart wütend, aber immer
kontrolliert, meist verschlafen, aber dennoch wach-sam, dreht sich alles um die
gleichberechtigte Existenz von kompakten und extrem gedehnten Stücken, die sich niemals
zu verlaufen scheinen.
Eine Platte, die sich vorbehält, durch Epochen zu hüpfen, wie es ihr beliebt. Das ist
die Stärke dieser Band und ihre Zukunft. Wenn man jemandem zutrauen kann, damit
um-zugehen, dann ihnen. Schließlich handelt es sich immer noch um das Beste, was man
heutzutage im Rock geboten bekommt. Mit dem notwendigen Humor, der sie davor schützt,
mißverstanden zu werden.
Man höre sich das Schlagzeugsolo nach zwei Minuten vierzig »Walking On The
Water« samt »Woo« an und sollte für keine Sekunde daran zweifeln, daß
dies die Motorpsycho sind, die uns bisher so gut durch die Neunziger gebracht haben.
Und ein Ende ist nicht abzusehen.
Uwe Viehmann