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  [record reviews: let them eat cake]



Der Seele zum Dessert


Review of Let Them Eat Cake taken from the
German e-zine
VH-1DERLAND, February 2000.
German. Found at the Vh-1derland-website.


motorpsycho
let them eat cake
stickman / indigo


Pop wie ein Kuchen zum Fünf-Uhr-Tee servieren Bent (Bass), Snah (Gitarre) und Gebhardt (Schlagzeug) alias Motorpsycho. Ob seiner Lieblichkeit dürfte deren neues Naschwerk "Let Them Eat Cake" gerne auf einer Frühlingswiese verspiesen werden.

Angerührt wurde das siebte Studio-Album der Band im norwegischen Trondheim, wo die Uhren jenseits des Trubels grosser Geschäfte langsamer gehen, mitunter rückwärts. So verbinden sich Einflüsse der späten 60er und frühen 70er Jahre zu einer Backmischung, die schmeckt wie aus dem Supermarkt: alles sehr vertraut, aber unheimlich lecker. Aus den Rezeptbüchern von Pink Floyd, The Who und den Beatles stammen wohl diverse Refrains mit Shalala-Effekt. "You wanna scream and shout" singen die Herren auf "Never Let You Out", ohne es wirklich zu tun. Denn süss, aber nicht zu süss klingen die Stücke. Selbst wenn die erste Singleauskopplung "The Other Fool" ein fetter Guss Streicherarrangements bedeckt. Bei ihren Aufnahmen verzichteten die Zuckerbäcker auf künstliche Aromen und verwendeten nur gute, echte Zutaten: Die Rockanteile der klassischen Bandbesetzung wurden zurückgenommen, um Platz zu schaffen für Bläsersätze und Streichquartett.

Früher errichteten Motorpsycho eher wuchtige, mehrstöckige Torten, wie die Doppel-CD "Trust Us". Jenseits von ausufernden Gitarrenexzessen entstand nun eine Dreiviertelstunde, die rund und hübsch anzuhören ist: Ein Konzeptalbum, angerichtet in bekömmlichen Portionen von drei bis fünf Minuten. Zum Beispiel "My Best Friend": Eine Ballade mit countryesken Anklängen, die plus Piano und rauchiger Stimme bis zum letzten Krümel verschlungen werden will.

"Let Them Eat Cake" ist erschienen auf dem von der Band gegründeten und in Hamburg ansässigen Label Stickman-Records.

Birgit Reuther