home

  [record reviews: demon box]




Motorpsycho: Demon Box

Review of Demon Box taken from the
German magazine
C.O.R.E., INDIcator, July - August 1993.
German. Review found in the depths of the mighty Stickman archives.
Thx to Jeanette!


Motorpsycho
Demon Box
Voices of Wonder / Semaphore
Rating: High$core / Redaktionstip

Die »DEMON BOX« der norwegischen Industrial-, Psychedelic-, Grunge-, Melodic-Core-Rock'n'Roller MOTORPSYCHO stinkt nach Diesel und zerriebenen Substanzen. Dieses Opus ist eine über 70minütige Orgie mit allem, was der Sound des Rock bisher zu bieten hatte. Das wäre aber nicht genug, und schon gar nichts Besonderes, wenn da nicht die kleine Tatsache in Form einer Klangwolke im Raum hinge, daß die MOTOR-PSYCHOs diesen Overcross so einzigartig hinbekommen wie ihre bäuerlichen Landsmänner den Schafskäse.
Die »DEMON BOX« wird durch eine (scheinbare) entspannte Ruhe zusammengehalten. Remineszenzen an die 70er werden allein durch das gleichzeitige Vinyl-Format (DLP), inklusive einer liebenswerten Covergestaltung, überdeutlich. Als Bonbon für das sterbende Vinyl bekommt der Artenschutz-Käufer drei Bonus-Tracks geboten, die vielleicht später auf CD erscheinen werden, vielleicht.
Im Zentrum der Aufnahme lagert das 17 minütige Dinosaurier-Titelstück, das trotz epischer Breite einen konsequenten Spannungsbogen hält. Eine Tatsache übrigens, die man auf die ganze Platte übertragen kann. Für mich persönlich kranken die meisten dieser Long-Play-Projekte am ausufernden Experimentieren, was für die Musiker weitaus interessanter ist als für die Hörer.
Die MOTORPSYCHOs zeigen, daß es auch anders geht. Brilliant wie sie Moondogs »All Is Loneliness«, samt Sitar-Sounds, in die manchmal melancholische und manchmal krachende Atmosphäre des Albums integriert haben.
In diesem Song-Zirkel schwingen spielerische PINK FLOYD-Vibes ebenso eine große Rolle wie MONSTER MAGNET-Dämonen.
Da regieren auf der anderen Seite der Macht dylansche Songstrukturen über oberflächliches Grungen und manchmal regiert der Wahnsinn! Er schleicht sich eigentlich ganz unauffällig über rotzende Gitarrensounds und sanfte Gesangs-melodien bis tief ins Mark. In diesem Moment fällt der Deckel ins Schloß: Gefangen in der »DEMON BOX«! Ein Konzeptalbum erster Güte.
Das in Oslo ansässige Voices of Wonder-Label feiert mit dieser Veröffentlichung sein fünfjähriges Bestehen. Herzlichen Glückwunsch.

Thomas Guntermann