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  [record reviews: trust us]




Motorpsycho - "Trust Us"

Review of Trust Us taken from the
German school-e-zine
PLATONIUM #5 / 1998.
In German.


MOTORPSYCHO:
«Trust Us»

Wie das Karnickel vor der Schlange - erfüllt von Ehrfurcht, Begeisterung und gelähmt von all den Innovationen.

Es gibt ja doch relativ wenig Bands, so frustrierend wenige Bands, die uns unsere lieben, unverzichtbaren und essentiellen Assoziationsketten liefern und gestatten.
Diese drei verteufelten und auf ihre Art wahnsinnigen Norweger tun nicht nur das, sondern ein weiteres. Sie sind eben nicht nur die Retro - Freaks und das Präsentierkorps alter und ältester Ideen, auch wenn ihre Bezüge in Richtung 70’er Rock und auch in Richtung Psychedelic einen Gutteil ihres Charmes ausmachen. Motorpsycho setzen die „historischen“ Verweise in die Musik der Jetztzeit, dies allerdings auf eine Weise, wie es keine andere Band vermag. Denn die drei unvergleichlichen Burschen aus Trondheim bringen uns an den Rand der Nervous Breakdowns, sich selbst an den Abgrund der eigenen Leistungsfähigkeit. So liefern sie kaum ein halbes Jahr nach Erscheinen des Albums Angels & Demons At Play (wohl der endgültige Durchbruch - auch bei uns; das Werk liegt bei 30.000 verkauften Einheiten und läuft immer weiter) das Doppelalbum „Trust Us“ nach, eine wahrhaft irrsinnige Fortsetzung ihrer musikalischen Ideen. Da enden hart rockende Nummern in minutenlangen Ambient - Klangkaskaden. Da starten manche Stücke mit unglaublich leisen und subtilen Soundgemälden, auf die dann eine der Stimmen und eine akustische Gitarre aufsetzen. Im weiteren Verlauf, fünf Minuten später, überführen sie die Nummer in eine wütend - verzweifelte Rockballade, aus der dann wieder ein nicht enden wollendes Mellotron- und Moog-Thema wird, das entfernt an Monotonie erinnert.
Wer hätte den Mut etwas derart befremdend - faszinierendes zu tun, wie „Siddhartino“ von Seim solo auf einem Reindeer Antler gespielt (einem Rentiergeweih!)? Motorpsycho sind dabei - wahrscheinlich ohne es zu bemerken - eine Legende zu werden. Sie setzen alles außer Kraft, worauf sich die Rocker weltweit geeinigt und festgelegt haben. Sie belassen es nicht bei dem gewohnten Gitarre/Bass/Schlagzeug-Line Up, sie arbeiten (bzw. lassen arbeiten) mit Mellotron, Saxophon, Piano, Geigen, Flöten, Electric Sitar und der Avantgardist Deathprod (war wie gewohnt der unauffällige Produzent) fügt immer wieder Loops bei, arbeitet mit Echomachines, einem Theremin (was immer das auch ist).
„Trust Us“ festigt den Eindruck, den Geb, Snah und Bent nun schon seit einer ganzen Reihe von Alben, EP’s und Singles auf mich gemacht haben: Hier arbeiten Besessene völlig unbeeindruckt von Trends und Zeiterscheinungen an sich selbst, an ihrer Musik und - noch einmal - an ihrer Legende.

arj