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  [media stories: 2000: german]




MOTORPSYCHO
»Geh nach Kalifornien, wo der Himmel blau ist«

30.03. - Bremen, Schlachthof / 01.04. - Hamburg, Markthalle / 24.04. - Köln, Live Music Hall

Review of diverse German LTEC tour gigs taken from the
website of the German magazine
INTRO, June 2000.
German. Found at the intro-site.


Ich schrieb unlängst andernorts, Motorpsycho seien vielleicht die einzige Band, die Du brauchst. Das ist natürlich nicht die ganze Wahrheit. Richtig ist, daß Trondheims feinste Band mittlerweile manchen Menschen alles zu bedeuten scheint; worauf unsere Helden selbst auch schon gekommen sind, weshalb sie sich in Bremen ironisch als Boygroup vorstellten. In Hamburg tobte die Meute eine halbe Stunde, um sich "Vortex Surfer" oder "Golden Core" mit auf den Weg geben zu lassen. Vergeblich. Immer wieder brachen euphorisierte Menschen mitten im Song in Schreien aus, immer wieder mußten Ohnmächtige aus ausverkauften Hallen an die frische Luft getragen werden. Und immer wieder erkannte man Gesichter wieder, die schon auf anderen Konzerten im Publikum zu sehen waren.

Zu hören gab es einiges. Nicht nur wie Motorpsycho die Beach Boys- und Beatles-Anwandlungen von "Let Them Eat Cake" auf die Bühne bringen, sondern wie allmählich auch Jazz-Vibes Eingang in ihren Sound finden, ein Miles Davis-Zitat hier, eine polyrhythmische Improvisation da. Und natürlich ewig schwellende Psychedelic und harter Rock. Mit Baard Slagsvold haben sie ihre Möglichkeiten ins vorerst Unabsehbare erweitert. Der Typ kann auch mal eine Melodika spielen, wenn die Basstrommel defekt ist, und öffnet Motorpsycho mehr Türen, die sogar das Wortspiel um eine Band mit Jim Morrison mit Sinn füllen. Sie beherrschen die Sprache des Rock nicht nur akzentfrei, sie sprechen sie in allen Tonlagen. Motorpsycho wählen ihre Mittel mit traumwandlerischer Sicherheit gemäß dem, was immer sie sagen wollen, aus - auch wenn es vordergründig nur davon handelt, nach Kalifornien zu gehen, wo der Himmel blau ist. Noch eine Besonderheit: gerade ist ihr Album zwei Monate alt, da spielen sie schon wieder ganz neue Stücke wie "Goin' To California", dem Munkeln nach demnächst auf Single. Und "My Best Friend", einer gründlichen Neudefinition unterzogen fast schon ein anderer Song, und des Spaßes wegen spielten sie in Köln gar den "Summertime Blues", um später mit "Golden Core" einen schlichtweg ergreifenden Schlußakkord zu setzen. Wahrscheinlich wirklich die einzige Band ... Ach, lassen wir das. Sie waren wieder großartig.

Andreas Schnell