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  [media stories: 2000: german]



Momente andächtigen Staunens
MOTORPSYCHO
01.04.'00 - Hamburg, Markthalle
(ca. 1.100 Besucher)

Review of the Hamburg-gig / 2000-04-01
taken from the
German alternative-rock magazine
VISIONS #86 / May 2000.
German. Transcribed and sent in by Jana.


  Bent - live - 2000

MOTORPSYCHO
01.04.'00 - Hamburg, Markthalle
(ca. 1.100 Besucher)

Foto: S. Malzkorn

Welches Standing die drei Norweger trotz ihrer gänzlich unkommerziell ausgerichteten Arbeitsweise bei Freunden unkonventioneller Rockmusik haben, beweist bereits die Enge im Vorraum der Markthalle - Indiz für die nahezu ausgelastete Kapazität des Venues. Ein Schild am Eingang verkündet leider den Ausfall des Supports Soundtrack Of Our Lives, die "aufgrund eines Motorradunfalls" an diesem Tage nicht antreten. Aber wer Motorpsycho kennt, der weiß, dass diese Band keinerlei Probleme damit hat, eine abendfüllende Show zu präsentieren. Wenn Bent Saether und seine Kollegen - auf der Bühne unterstützt von einem Mann an den Keyboards - zu spielen beginnen, verliert Zeit schnell ihre Bedeutung. Songs strecken sich ins Uferlose, Verschnaufpausen zwischen den einzelnen Stücken gibt es so gut wie keine, ein Konzert als langer, stetig fließender Strom. Der des heutigen Tages entspringt zunächst den Stücken des aktuellen Werkes "Let them eat cake", dessen einzelne Songs zwar für Motorpsycho-Verhältnisse untypisch kurz geraten sind, sich in der Bühnenpräsentation allerdings nahtlos in die Epen vergangener Alben einreihen. "The Other Fool" bildet den Auftakt, glasklare Soundverhältnisse sorgen für erste Zufriedenheit, die nach einigen Momenten andächtigen Staunens weicht, denn die Band präsentiert das komplexe Material in außergewöhnlicher Virtuosität. So meint man nach dem Schlussakkord fast einen Moment des perplexen Innehaltens beim Publikum zu spüren, bevor der Applaus aufbrandet. Im Hintergrund der Bühne arbeitet man mit dezenten, aber wirkungsvollen Projektionen auf einem spärlich verzierten Vorhang, die Lichtshow setzt nach und nach Akzente, und Motorpsycho spielen, spielen und spielen, setzen die Stücke so gut wie eins zu eins um, perfekt in Timing und Ausdruck. So gerät nicht nur "Whip That Ghost" zum Beweis, dass diese Band im Grunde ihres Herzen einen stark ausgeprägten Hang zum Jazz hegt. Im Publikum sieht man Leute wie hypnotisiert mit den Köpfen wackeln, während Hans Magnus "Snah" Ryan gelegentlich mit Saether die Instrumente tauscht, ohne dass dies deutlich hörbare Konsequenzen hätte. Irgendwann - viel, viel später - ist dann Schluss mit einem höchst eindrucksvollen Konzert.

Maik Koltermann